Fleischindustrie: Ist Schweinebauer Schwarz das Sprachrohr der Fleischindustrie?

Veröffentlicht auf von Karl-Dieter Specht

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Fleischindustrie:  Ist Schweinebauer Schwarz das Sprachrohr der Fleischindustrie?

Kommentar vom SV Karl-Dieter Specht

Keine Frage, die Situation der Schweinehalter in Schleswig-Holstein und darüber hinaus ist sehr schwierig. Das veranlasst nun den Bauernpräsident von Schleswig-Holstein, Werner Schwarz,  auf die Lage der Schweinehalter hinzuweisen. In Kombination mit einer“ ins Wasser“ gefallenen Ernte sieht er für viele Schweinebetriebe „schwarz“.

Schwarz: Nicht nur die Preise für Schlachtschweine sind es, die den Betrieben die Sorgenfalten ins Gesicht treiben, sondern die extrem gestiegenen Kosten für Futtermittel und Energie“, so Schwarz am Montag in Rendsburg. Hier zeige sich schon die Auswirkung der schlechten Getreideernte in Deutschland aber auch darüber hinaus. „Die Getreideerträge sind aufgrund der Frühsommertrockenheit am unteren Ende, die Qualitäten haben aufgrund des anhaltenden Regens massiv gelitten.“ Was die Ackerbauern empfindlich treffe, könne Schweinehaltern betrieblich den Garaus machen, denn Schweineproduzenten seien oft auch ackerbaulich tätig, gab Schwarz zu bedenken. Sie müssten nicht nur die Erlösminderung auf dem Acker verkraften, sondern auch die gestiegenen Futtermittelkosten, die unmittelbar damit zusammenhingen. Er hoffe, dass die Betriebe nicht zwischen diesen beiden Mühlsteinen zerrieben würden, so der Bauernverbandspräsident(Quelle: Bauernblatt).

Anmerkungen: Und was empfiehlt Schwarz:

Ø  Steuerliche Risikoausgleichsrücklage

Ø  Steuerstundung und Verzicht auf Säumniszuschläge

Ø  Vorzeitige Auszahlung von EU-Direktzahlungen

Wieder einmal ruft Schwarz nach dem Staat, obwohl er weiß  oder wissen müsste, dass nicht nur die schlechte Ernte und die Futtermittelpreise schuld an dieser Entwicklung sind, sondern die steigende Überproduktion  (Angebot und Nachfrage regeln den Preis) in Verbindung mit der Ausweitung der Massentierhaltung, die dazu geführt hat, dass Schweinefleisch auf dem Weltmarkt  verramscht werden muss. Dass er das weiß, macht Schwarz mit folgender Aussage deutlich:

 Schwarz: In der Marktwirtschaft regelt sich alles nach Angebot und Nachfrage. Das ist nicht neu, jedoch entscheidend! Es gibt ein einziges Problem: Der Verbraucher meint damit einen möglichst niedrigen und der Erzeuger einen möglichst hohen Preis. Hier klafft eine große Lücke. Hier finden wir nicht zusammen. Doch der Markt kennt keine Lücken, er schließt sie – über den Preis. Damit sind wir bei der einzigen wirklich fairen Lösung: Dem Marktpreis (Quelle: Redemanuskript von Schwarz)

Anmerkungen: Die Frage ist nur, warum Schwarz immer nach dem Staat ruft, wenn die Ursachen der „Schweinemisere“ im Marktungleichgewicht liegen. Mit dem Ruf nach dem Staat, insbesondere in der jetzigen Situation, lenkt Schwarz geschickt von den wirklichen Problemen ab; die schaukeln seit Jahren hoch. Hatten wir 1984 noch eine Unterversorgung mit in Deutschland erzeugtem Schweinefleisch, so haben wir heute eine Überproduktion, die auf dem Weltmarkt  abgesetzt werden muss. 

ISN aktuell: Das Schlachtschweineangebot bleibt in den meisten Ländern umfangreich, so dass es kaum Spielraum für Preisbefestigungen gibt. So konnten beispielsweise die zwischenzeitlich bestehenden Hoffnungen auf höhere Preise in Deutschland und Österreich am Freitag nicht realisiert werden (Quelle: ISN).

Anmerkungen: Angesichts der höheren Produktionskosten gegenüber den USA und Brasilien können die Überschüsse oft nur mit Verlusten  (oder Beihilfen) auf dem Weltmarkt abgesetzt werden. Hinzu kommt, dass die Fleischproduzenten in Deutschland auf umfangreiche Futtermittelimporte angewiesen sind, die in Länder wie die USA und Brasilien vor der Haustür wachsen. Hier können sich die „Mitbewerber“ auf kurzem Weg bedienen.

Brasilien: Für das Jahr 2011 erwarten Marktexperten ein moderates Wachstum der brasilianischen Produktion. Aber auch die inländische Nachfrage dürfte ähnlich wie im Vorjahr kräftige Zuwachsraten verzeichnen, da der wirtschaftliche Aufschwung in Südamerika die Kaufkraft und damit die inländische Fleischnachfrage ankurbelt. Brasilianische Branchenvertreter sind optimistisch, neue Export­märkte zu erschließen. So laufen schon seit Jahren Handelsgespräche für einen Marktzugang in China und man hofft auf einen baldigen Erfolg für Handelserleichterungen (Quelle:agarheute).

Anmerkungen: Bisher half der Staat bei der Bewältigung der Probleme mit Steuermitteln. Dieser Weg wird in Zukunft angesichts der allgemeinen Finanzlage nicht mehr möglich sein. Insoweit wäre es nur folgerichtig, wenn das ungebremste Wachstum der gewerblichen Massentierhaltung zugunsten der bäuerlichen Landwirtschaft aufgegeben würde.  Aber weit gefehlt! Die bäuerlich betriebene Fleischproduktion wird zunehmend an die Wand gedrückt. Heute stammen zirka 98 Prozent des in Deutschland produzierten Fleisches aus der Massentierhaltung. Um diese industrielle Masseproduktion am Laufen zu halten, werden in Deutschland jährlich zirka 780 Tonnen Antibiotika eingesetzt. Mit zunehmenden Bestandsgrößen potenziert sich das Krankheitsrisiko und der Einsatz von Antibiotika nimmt entsprechend zu.

Resistente Keime können beim Menschen zu Krankheiten führen

Zu starker Einsatz von Antibiotika - sowohl bei Menschen als auch bei Tieren - führt dazu, dass sich vermehrt resistente Bakterienstämme bilden. Experten halten den regelmäßigen Einsatz von Antibiotika in der Tiermast für problematisch. Beim Menschen können resistente Keime zu Krankheiten führen, in nicht wenigen Fällen sind Antibiotika wirkungslos. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts sterben jährlich mehr als 15.000 Menschen in Deutschland an multiresistenten Keimen( Quelle: NDR)

 Anmerkungen: Dieser massive Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung wird zunehmend zu einer Gefahr für die Humanmedizin mit unabsehbaren Folgen für die Menschen. Darüber hinaus belastet die industrielle Massentierhaltung zunehmend die Natur.  Mehr noch: 50% der produzierten Ware landet auf dem Müll. Trotz Warnungen, auch von Prof. Dr. Windhorst,  wird weiter expandiert! Die Fleischindustrie baut ihre Schlachtkapazitäten weiter aus.  Um diese Gier der Fleischindustrie zu bedienen,  werden immer größere Masteinheiten gebaut. Begründet wird dieser Irrsinn damit, dass die Betriebe wachsen müssen, denn Stillstand ist Rückgang. Trotz immer größerer Mastanlagen mit einhergehender  Zunahme des Preisdrucks werden die Gewinne – wenn überhaupt- je Produktionseinheit immer geringer. Das führt wiederum zur Kapitalauszehrung der bäuerlichen Familienbetriebe. Die können nicht mehr mithalten. Deshalb wird die Massentierhaltung immer mehr industriell betrieben. Große Futtermittelkonzerne und andere Kapitalgeber (oft verdeckt)- steigen in das Geschäft ein. Die Kapitalströme können nicht mehr kontrolliert werden. Man weiß also nicht, woher das Geld kommt und welchem Zweck es dienen soll. Das alles hat mit bäuerlicher Landwirtschaft nichts mehr tun. Die Gewinner dieser industriellen Fleischproduktion sind  Zuchtkonzerne, Pharmahersteller, Futtermittel- und  Fleischindustrie nebst  Handel. Dazu kein Wort von Schwarz. Denn Schwarz ist Teil des Systems. Schwarz hofft in diesen System zu überleben. Ein Kenner dazu:  „Das ist keine Verdrängung, sondern Vernichtung, kein gesunder Wettbewerb, für alle geht`s ums Überleben im Haifischbecken.“

Wenn`s nicht klappt – muss der Staat ran!

Wenn die so von Schwarz  gepriesene Marktwirtschaft in seinem Sinn nicht mehr funktioniert,  dann muss eben der Staat ran: Nach dem Motto: Gewinne privatisieren- Verluste sozialisieren!

Schwarz: Unsere Landwirtschaft ist an einem historischen Scheideweg angelangt. Wir müssen uns klar darüber werden, was wir wollen:

Wollen wir Abschottung oder Weltmarkt?

Risikominimierung oder maximale Chancen?

Schutz der Produktion oder Lohn der Leistung?

Landwirte sind selbstständige Unternehmer. Als solche arbeiten sie nicht nur selbst und ständig, sondern sie unternehmen auch etwas! Der Unternehmer akzeptiert als einzige Konstante im Wirtschaftsleben die stetige Veränderung. Und er akzeptiert es nicht nur, er macht daraus eine Chance(Quelle: Redemanuskript von Schwarz).

 

Anmerkungen: Angesicht der tatsächlichen Situation der bäuerlichen Landwirtschaft, eingebettet in globale Zusammenhänge, fällt mir dazu nicht mehr viel ein. Jedoch eine Schussfolgerung kann man dennoch ziehen: Schwarz ist das Sprachrohr der Fleischindustrie und nicht der bäuerlichen Landwirtschaft!

 

 

 

 

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