Milchkrise : Haben wir die falschen Propheten ?

Veröffentlicht auf von Karl-Dieter Specht

 

Milchkrise :                                     Haben wir die falschen Propheten ?

Als in dieser Woche eine Meldung über den Ticker lief und Printmedien u.a. titelten  wie: „Karlsruhe stoppt Ökonomisierung!“,  waren die Wachstumsfetischisten geschockt. Mit diesem eindeutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat das Gericht allen jenen,   die in der Liberalisierung und Ökonomisierung „ihre“ Ersatzreligion sehen, eine klare Absage erteilt. Damit ist klar, dass enthemmtes Wachstum auf Kosten Dritter nicht zum Wesen einer christlich-humanistischen Gesellschaft gehört. Vielleicht veranlasst  dieser Richterspruch alle jene, die Verantwortung tragen, einmal darüber nachzudenken, wie  z.Z. mit den bäuerlichen Familien umgegangen wird.

Der Bauer mit seiner Familie muss wieder in den Mittelpunkt rücken

Der Mensch in seiner Gesamtheit muss im Mittelpunkt allen Handelns, auch des wirtschaftlichen,  stehen und nicht nur die Ökonomie. Wenn man dann diesen Maßstab auf die angedachte Entwicklung der bäuerlichen Familienbetriebe, insbesondere die der Milchviehbetriebe anlegt, dann sind Zweifel angebracht. Hier geht es nicht nur um eine strukturelle Anpassung, die sich seit Jahren   schon stillschweigend vollzieht. Nein, hier geht es um einen bäuerlichen Kahlschlag erster Güte. Wenn Heilsbringer durch die Lande ziehen und lauthals verkünden,  dass  50- 70 Prozent der Milchviehbetriebe verschwinden müssen, um so , wie sie es formulieren, am Weltmarkt erfolgreich operieren zu können, dann steht für diese Protagonisten nicht mehr der Bauer mit seiner Familie im Mittelpunkt ihrer Überlegungen sondern die wirtschaftlichen Interessen – von welchen Lobbyisten auch immer gelenkt - im Mittelpunkt.

                                 

                                            Das falsche Spiel der Wachstumsfetischisten

 Dubios wird es dann, wenn diese Protagonisten allen Ernstes behaupten, die Zukunft der Milchbauern wird durch den globalisierten Markt sichergestellt. Zwar ist es richtig, dass die Milchindustrie den globalen Markt braucht (sie hat ja erhebliche Investitionen getätigt), aber diese globale Strategie hat nichts mit der Sicherung bäuerlicher Existenzen im Lande zu tun. Auf diesen feinen Unterschied weisen die Protagonisten natürlich nicht hin. Aus gutem Grund:  Denn Global-Player, wie Arla-Foods, Nestle AG, Campina GmbH, Danone GmbH, Nordmilch AG ,Müller-Milch GmbH & Co. KG u.u. ( die Liste lässt sich beliebig fortsetzen), die einen großen Teil ihres Umsatzes global abwickeln, sind auf niedrige Milch-Einkaufspreise angewiesen. Gemäß einer Studie ist dieser „Wettbewerbs-Preis“ dann erreicht, wenn der Milch-Einkaufpreis für die Milchindustrie in einer Bandbreite um 23 Cents/kg  (natürlich nur nach unten) liegt.  

                                              

                                                      Die Wissenschaft ringt nach Antworten

 Ein  Bauer stellte  einem bekannten Agrarökonom die Frage: „ Wie sollen wir denn unter Weltmarktbedingungen produzieren?“ Darauf antwortete der Professor: „Das wird der Markt schon regeln“! So einfach kann Agrar- Ökonomie sein. Geschehen auf der Milch-Frühstücks-Veranstaltung des Bauernverbandes in Neumünster. Kommen wir  nun zur alles entscheidenden der Frage: Können unsere bäuerlichen Familienbetriebe auf dem Weltmarkt mithalten?

 

Eine Illusion weniger

Betrachtet man die Entwicklung am Weltmarkt für Milchprodukte über mehrere Jahre, dann betrug der Weltmilchpreis je kg Milch im arithmetischen Mittel der Jahre 2000- 2006 18,27 Cents/kg, um dann während der Hausse (2007) auf 32,3 Cents/kg zu klettern. 2009 wird ein Niveau um 18-20 Cents/kg erwartet. Gleichzeitig wurde der EU-Stützungspreis je kg Milch auf 21,50 Cents abgeschmolzen. Hinzu kommt, dass Experten für europäische Milchprodukte auf dem Weltmarkt wenige Chancen sehen. Für Käse wird im Zeitraum bis 2016 für die EU ein Wachstum am Weltmarkt von 1,04% prognostiziert, für Butter ein Minus von 0,44%, für Magermilchpulver ein Minus von 0,13 Prozent und für Vollmilchpulver ein Minus von 0,02 Prozent.

 

                                Haben die Globalisierungsfanatiker den Verstand verloren?

 Angesichts dieser Faktenlage muss man sich zwangsläufig die Frage stellen: Haben die Globalisierungsfanatiker den Verstand verloren? Ober was steckt dahinter? Oder spekulieren sie auf Steuermilliarden, die dann diesen Exportwahnsinn auch noch finanzieren?  Oder wollen sie die bäuerlichen Strukturen langfristig zerschlagen, um vertikale Groß-Integrationen zwischen Produzenten, Verarbeiten, Vermarktern und Dienstleistern (Landhandel/Banken)  aufzubauen, an deren  Ende es in der Wertschöpfungskette es nur noch einen“ Global -Player“ gibt. Und wer dann verdient- ist doch wohl klar –oder?  Deshalb müssen diese Wachstumsfetischisten zur Rede gestellt werden, damit ihr Handeln für alle klar und deutlich wird. Nicht Wachstum auf den globalen Märkten, wenn es denn um die Interessen der bäuerlichen Familienbetriebe geht, kann das Ziel sein, sondern der faire Interessenausgleich zwischen den EU-Mitgliedsländern muss der Maßstab sein. Wobei der bäuerliche Familienbetrieb in all seinen Schattierungen zu erhalten ist.

 

Mit der Milch wird wieder Geld verdient!

Dabei sind die unterschiedlichen Betriebsgrößen nicht gegenseitig auszuspielen, sondern im gemeinsamen Zusammenwirken sind sie ein Bestandteil unserer Kulturlandschaft. Gerade diese Vielfalt erhält bzw. sichert eine nachhaltige Landbewirtschaftung, wie sie doch allseits gefordert wird. Industriell betriebene Landwirtschaft und  Kapitalgesellschaften, die mehrere 10.00 ha Land bewirtschaften, müssen von der Förderung ausgeschlossen werden. Eine gute Meldung zum Schluss:

Mit der Milch wird wieder Geld verdient! Nicht der Bauer, der um seine Existenz ringt – sondern die Spekulanten an der Börse !

Infos für die Milchbauern

Auf nach 87463 Diedmannsried ( Oberallgäu)

Wann ? : Mittwoch, den 09.12. 2009

Wo?      : Festhalle Dietmannsdried

                Laubener Straße 24

Zeit        : 20.00 Uhr

Thema  : Von Kopf bis Fuß auf Illusionen eingestellt?

-          -Wie sieht die Realität wirklich aus? -

 

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H
<br /> Sehr geehrter Herr Specht, nun haben Sie mal wieder einen gut recherchierten, interessanten Artikel verfaßt und im letzten Satz unterliegen Sie wieder Ihrem Neidkomplex. Wieso soll eine juristische<br /> Person, die 1000 ha bewirtschaftet keinen Anspruch auf Fördergelder haben? Ein 1000 ha Betrieb mit intensiver Veredelung hat mindestens 10 -12 AK beschäftigt, wo liegt da Ihr Problem dieser Form<br /> der Landbewirtschaftung Fördergelder vorzuenthalten? Schade, dass Sie sich und Ihre eigentlich guten Artikel durch solche Unsachlichkeiten selbst diskreditieren.<br /> MfG<br /> A.Höper<br /> <br /> <br />
Antworten
K
<br /> <br /> Lieber Herr Höper,<br /> <br /> <br /> wir kennen und ja schon und das ist gut so !  Zu diesem Thema haben Sie sich schon<br /> geäußert.  In diesem Zusammenhang verweise nochmals auf den Bericht der Bundesregierung zur Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft. Da heißt es:<br /> „ Die juristischen Personen in den neuen Ländern wiesen im Vergleich zu den Haupterwerbsbetrieben aufgrund ihrer größeren Produktionskapazitäten wesentlich höhere<br /> Zahlungen je Unternehmen aus. Je AK (Arbeitskraft) waren die Zahlungen um rund 50% höher als im Durchschnitt aller Betriebe. Der Anteil der Zahlungen an den betrieblichen Erträgen war ebenfalls<br /> größer. Diese Unterschiede sind dadurch begründet, dass die juristischen Personen stärker auf Produktionszweige ausgerichtet waren, die als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der<br /> Zahlungsansprüche im Rahmen der Betriebsprämienregelung dienten“.  Sie sehen also, lieber Herr Höper, dass das Argument Neidkomplex hier fehl<br /> am Platz ist. Wie Ihre Situation zu bewerten ist, vermag ich nicht zu sagen. In Ihrem Fall kann man vielleicht zu einer anderen Bewertung kommen. Auf noch eines möchte ich Sie  hinweisen:<br /> Die KTG Agar AG ( Kapitalgesellschaft ) bewirtschaftet u.a. auch in den neuen Bundesländern über 25.000 ha. Sie pachtet oder kauft meistens nur Sahnestücke, oft zu Lasten juristischer Personen,<br /> und kassiert Millionen  € an Fördergeldern. Gegen diese Art der Industrialisierung  der<br /> Landwirtschaft bin ich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie eine solche Entwicklung unterstützen. Wenn ab 2013 die Einheitsprämie kommt, sind wieder die flächenschwachen und viehstarken<br /> Betriebe die „Gelackmeierten“. Die Betriebe im Allgäu (gemäß Raumis 2009) verlieren je ha mehr als 150 €uro. Was soll ich den Milchbauern im Allgäu sagen? Dass das alles richtig ist! Vielleicht<br /> können Sie mir noch einige Tipps geben. Ich jedenfalls werde objektiv und schonungslos die Situation darlegen. Meine Berufskollegen haben einen Anspruch darauf!   <br /> <br /> <br /> Viele Grüße aus dem dunklen Norden !<br /> <br /> <br /> Ihr Karl-Dieter Specht<br /> <br /> <br />  <br /> <br /> <br /> <br />