Milchkrise : PM zum Milchbauernabend des BDM in 57339 Erndtebrück

Veröffentlicht auf von Karl-Dieter Specht

PM  zum Milchbauernabend des BDM in 57339 Erndtebrück ( 07.04.2010)

Hier :      Referent : Karl-Dieter Specht ( Schleswig-Holstein)

 

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Thema: Sind unsere Betriebe überhaupt international wettbewerbsfähig?

                Welche Konsequenzen lassen sich daraus ableiten?

 

Der zweite Referent des Abends, der ehemalige Milchbauer und Landwirtschaftlicher Sachverständiger Karl-Dieter Specht aus Schleswig-Holstein, kann gleich zur Sache. Sein Thema: Sind überhaupt unsere Betriebe international wettbewerbsfähig? Welche Konsequenzen lassen sich daraus ableiten? Ausführlich ging Specht auf die unterschiedlichen Produktionsbedingungen in Deutschland ein, die sich in der Bandbreite von 30 Cents bis 60 Cents je Liter Milch bewegen. Ursachen dieser Streuungen liegen zum Einen in der unterschiedlichen Effizienz der Betriebe und zum Anderen in den unterschiedlichen Strukturen der einzelnen Bundesländer. Die Direktzahlungen an die Bauern, die heute zirka  40 Prozent des Gewinns ausmachen, werden weiter fallen. Im Rahmen der neuen Haushaltsberatungen  der EU für die mittelfristige  EU-Haushaltsplanung sind mit weiteren Kürzungen  in einer Größenordnung bis zu 27 Prozent zu rechnen. Setzen sich weitere Kürzungen der Direktzahlungen nach 2013 durch, dann wird das angestrebte Wachstum am Markt vorbei zum“ Killer“ der Milchbauern.

Gnadenloses Wachstum ist Trumpf!

 Trotz dieser unsicheren Kalkulationsgrundlage und trotz Überproduktion wird weiter am gnadenlosen Wachstum festgehalten. Länder, Verbände und Berater  überbieten sich im Wettlauf um die höchsten Produktionsmengen Nach dem Motto: Der Milchpreis muss doch kaputt zu kriegen sein! Die Folgen sind schon heute für die Milchbauern zu spüren. Zirka 80 Prozent der Milchviehbetriebe erlitten im letzten Wirtschaftsjahr Eigenkapitalverluste.

 

Wie viele Milchviehbetriebe werden überleben?

Ein Ende ist nicht abzusehen. „Wenn das so weitergeht, werden von den 100.000 Milchviehbetrieben in Deutschland nur noch zirka 24.000 Milchviehbetriebe (wenn überhaupt) übrigbleiben“, stellte Specht nüchtern fest und ergänzte: „Hier muss entschieden gegengesteuert werden!“

 

Beispiel Amerika

Das amerikanische Beispiel sollte uns eine Lehre sein: Exkurs: Seit dem Farmersterben in den achtziger Jahren haben sich die Betriebsflächen der Familienfarmen verdoppelt. Trotz Mechanisierung, Gentechnologie und monokultureller Produktion hat sich die Situation der Familienfarmen nicht gebessert. Im Gegenteil: Zunehmend sind die Farmer auf Nebenjobs angewiesen, wenn sie nicht in die Schuldenfalle geraten wollen. Die Hoffnung auf Gewinn wird mit noch höherer Produktion genährt. Diese führt wiederum zu fallenden Preisen und damit zu einer weiteren finanziellen Verschlechterung der bäuerlichen Landwirtschaft. Die Apokalypse nimmt somit ihren Lauf!

 Die irrwitzige Marktstrategie der Global-Player

 Nutznießer dieser irrwitzigen Marktstrategie sind die Global-Player. „Diesem Beispiel sollten wir, “ so Specht, “ nicht nacheifern!“

 

Der Steuerzahler bezahlt die Überproduktion

Darüber hinaus wird die Überproduktion teuer eingelagert und meistens mit erheblichen Steuergeldern auf dem Weltmarkt verschleudert. Eine solche Politik ist nach Ansicht des Referenten den Steuerzahlern nicht mehr zu vermitteln. Auch der EU-Rechnungshof sieht das so. Dann ging Specht auf den europäischen Markt ein.

 

Auf dem europäischen Markt sind wir zu Hause

 „Hier“, so erläuterte Specht, „sind wir so richtig im Geschäft. Was die Produktionskosten  anbelangt, brauchen wir kein EU-Land zu  fürchten, wenn wir mal von Irland absehen“, fügte Specht hinzu. Die Produktionskosten liegen in Holland und Dänemark höher als in Deutschland, der Markt liegt vor der Tür, nur an höherwertigen Milchprodukten, die eine höhere Wertschöpfung versprechen, fehlt es uns. Hier muss nachgearbeitet werden. Nicht umsonst liegen die Milchgeldauszahlungspreise an die Milchbauern in Deutschland gegenüber den anderen EU-Ländern an unterster Stelle.

 

Genossenschaftsmeiereien zahlen an fremde Gesellschafter über 18 Prozent Zinsen

Hart ging der Referent mit den Global-Playern  -sprich Molkereien- ins Gericht. Wer meint am Weltmarkt mitmischen zu wollen (müssen), der muss den Bauern auch klar und deutlich sagen, dass sie auch zu Weltmarktbedingungen produzieren müssen.  „Und diese Bedingungen sind für unsere Betriebe tödlich, “ stellte Specht klar. Für 21 -24 Cents je Liter Mich kann kein Bauer produzieren. Darüber hinaus müssen die Milchbauern ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Sie dürfen sich nicht wie Almosenempfänger behandeln lassen. „Wie kann es sein, dass fremde Gesellschafter an Molkereigenossenschaften  über 18 Prozent Zinsen für ihr Engagement erhalten und der Milchbauer für seine Anteile oft nur einen warmen Händedruck erhält“, erläutert Specht.

 

Das Milchboard ist ein Glücksfall für die Milchbauern

 Zur Stärkung der Milchbauern ist die Mitgliedschaft im Milchboard unerlässlich. Das Milchboard kann ein Glückfall für die Milchbauern werden, wenn alle mitmachen. Im Rahmen des Milchboards sind die Milchbauern nicht mehr „nur“ Almosenempfänger sondern treten als gleichwertige Partner am Markt auf. Dadurch stärkt das Milchboard die Verhandlungspositionen der Meiereien gegenüber dem Einzelhandel. Auch die Hochwald Nahrungsmittel-Werke GmbH sieht das so. Zitat: „Entscheidungen über Zukunft der Milchgarantiemengenregelung nach 2014/15 ist Sache der Milcherzeuger. Hochwald steht für eine eventuelle Nachfolgeregelung nicht zur Verfügung!“ Klarer kann die Aufforderung der Hochwald an die Milchbauern nicht sein, sich selbst um ihre Angelegenheiten zu kümmern!

 

 Wir können weltweit nicht mithalten

 Wir können mit den weltweiten Gunststandorten zurzeit nicht mithalten, da   wir nicht über die natürlich günstigen Voraussetzungen dieser Standorte verfügen. Deshalb brauchen wir einen gewissen Außenschutz zur Sicherung unserer bäuerlichen Milchviehbetriebe. Das setzt aber voraus, dass wir uns verantwortungsvoll  verhalten. D.h. dass nicht am Markt vorbeiproduziert wird, und die Überschüsse dann auf Kosten der Steuerzahler beseitigt werden. Das läuft in Zukunft  nicht mehr! Hier muss eine Produktionsanpassung erfolgen! Der europäische Rechnungshof und das Bundeskartellamt haben den Weg schon vorgegeben:  Bündelung der Liefermengen in Erzeugergemeinschaften, um auf die Molkereien (Global-Player) Einfluss nehmen zu können.  Darüber hinaus sind die Direktzahlungen an die Bauern neu zu gewichten.

 

 Nachhaltige Landwirtschaft muss gefördert werden!

Hier muss die nachhaltige Landwirtschaft mehr gefördert werden. Wachsen um jeden Preis muss der Vergangenheit angehören!  Eine zunehmende Konzentration der landwirtschaftlichen Produktion führt zu weiteren Umweltbelastungen, die schon heute oft  gegen gesetzliche Regelungen der EU verstoßen. Ein weiter so darf es nicht mehr geben! Ziel muss es sein, nachhaltige Landwirtschaft zu fördern. Strukturelle Eigenarten und Gegebenheiten sind so zu berücksichtigen, dass unsere bäuerliche Kulturlandschaft in ihrer Vielfalt erhalten bleibt. Dieses hohe Gut darf nicht durch egoistische Einzelinteressen gefährdet werden.

 

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