Ist der Deutsche Bauernverband (DBV) noch lernfähig?

Veröffentlicht auf von Karl-Dieter Specht

Ist der Deutsche Bauernverband (DBV) noch lernfähig?

Es ist wie immer: Erst wird kräftig auf den Putz gehauen, damit beruhigt man ein wenig sein Klientel, dann schildert man die dramatische Situation, um in gleichen Atemzug anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben. Wenn das alles nicht hilft, muss der Staat ran. Kein Wort von einer Mitschuld des Verbandes an der gegenwärtigen Situation. Dafür muss als Sündenbock u.a. das Embargo gegen Russland her. Das kam für den Bauernverband zur rechten Zeit, um sich (teilweise) reinwaschen zu können. An der heutigen Situation ändert das allerdings nichts!

DBV: „Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, verdeutliche mit eignen Zahlen die dramatische Situation für die Betriebe. « Die Landwirte haben in zwei Jahren mehr als die Hälfte ihrer Einnahmen verloren.» Er erklärte, dass nicht allein die deutschen Bauern mit ihrer Produktion für das Überangebot auf dem Markt verantwortlich seien. Auch die Milcherzeugung in anderen EU-Staaten habe Einfluss auf die Preise. Das Russland-Embargo habe ebenfalls die deutschen Bauern hart getroffen. Dadurch hätten sie eine Milliarde an Einnahmen verloren.

Anmerkungen: Kein Wort darüber, wie denn die Krise zu lösen ist. Wenn dann vom Bauernverband und der Milchindustrie etwas kommt - dann das: Die Selbstheilungskräfte des Marktes werden das schon regeln. Aber wie sie das regeln- das spüren die Bauern am eigenen Leib. In einer Krise wie diese, melden sich viele Experten zu Wort.

Politik: „Durch eine Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes soll das Überangebot von Rohmilch auf dem Milchmarkt reduziert werden. Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat sich am Mittwochmorgen für den gemeinsam von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD vorgelegten Gesetzentwurf in geänderter Fassung zur Annahme im Plenum ausgesprochen.“

Anmerkungen: Fußend auf dem Beschluss der Europäischen Kommission vom 12. April können nach Artikel 222 der Gemeinsamen Marktordnung nationale Maßnahmen ergriffen werden, die zu einem Marktgleichgewicht führen. Künftig können, so die Hoffnung, Meiereien mit Ihren Milchlieferanten freiwillige Absprachen zur Mengenreduzierung treffen.

Dazu der Minister: „Die Milchquote ist erst vor einem Jahr ausgelaufen und nach Jahrzehnten des regulierten Marktes befinden wir uns jetzt in einer schwierigen Anpassungsphase. Die Lösung der Milchkrise muss im Markt selbst und durch die Beteiligten gefunden werden. Wir haben heute die Voraussetzungen geschaffen, die Rohmilchproduktion auf freiwilliger Basis zu begrenzen. Nun haben es die Produzenten in der Hand, den Sektor Milch und Milcherzeugnisse zu stabilisieren und dem gegenwärtig bestehenden Marktungleichgewicht entgegenzuwirken. Die Milchbauern und Molkereien haben jetzt die Möglichkeit, die Produktionsmenge besser zu steuern, um wieder zu auskömmlichen Erlösen zu kommen. Die Marktteilnehmer sind jetzt aufgefordert, diese Instrumente auch zu nutzen. Mein Ziel ist, die Position der Bauern und Molkereien in der Wertschöpfungskette zu stärken. Ich möchte, dass die Produzenten mit dem Einzelhandel zukünftig auf Augenhöhe verhandeln können. Zur Verbesserung der Ertragssituation der Landwirte tragen alle Verantwortung, auch wir Verbraucher."

Anmerkungen: Schaut man sich die Wettbewerbslage auf dem Milchmarkt näher an, dann stellt man fest, dass dort ein „Hauen und Stechen“ gängige Praxis ist. Selbst Genossenschaften, die sich unter dem Dach des Genossenschaftsverbandes befinden, unterbieten sich gegenseitig im täglichen Marktgeschäft. Es wird sogar kloportiert, dass Molkereien unter Interventionspreise verkaufen.

Wie soll unter diesen realen Umständen diese Freiwilligkeit greifen. Ich bin mal gespannt. Das geht, so ist meine Vermutung, an der täglich praktizieren Geschäftstätigkeit vorbei. Hier wird doch jeder – zumindest einige- versuchen, sich Vorteile aus der dann aktuellen Situation zu ziehen.

DRV-Präsident bringt sich schon mal in Stellung:“Angesichts der globalen Marktkrise ist es realitätsfern, die Verantwortung ausschließlich einzelnen Unternehmen der Genossenschaftsgruppe in Deutschland zuzuweisen", kritisiert DRV-Präsident Manfred Nüssel diese Position der Regierungsparteien. Der Vorwurf, dass bestehende Möglichkeiten zur Verbesserung der Marktstellung von Erzeugern nicht genutzt werden, stehe im krassen Gegensatz zur genossenschaftlichen Praxis.“

Milchpabst des DBV:“ Ein breiter Konsens besteht zwischen Bundesministerium und dem deutschen Milchsektor darüber, dass die staatliche Regulierung der Milchproduktion in der Vergangenheit wichtige Ziele verfehlt hat. Das werde umso offensichtlicher, wenn man den zunehmenden Einfluss globaler Märkte auf den Milchsektor betrachte. Die darin liegenden Chancen müssen zukünftig stärker genutzt werden. Zu diesem Fazit kamen Vertreter des deutschen Milchsektors im Gespräch mit Bundesminister Christian Schmidt bei einem heutigen Treffen in Berlin. Der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes und Milchbauer Udo Folgart stellte im Austausch mit dem Minister klar: „Die Quote ist ein Relikt einer Agrarpolitik der Vergangenheit. Die deutschen Milchbauern begrüßen deshalb die Möglichkeit, ab April 2015 ihre Betriebe individuell weiterentwickeln zu können.“ Allein für das letzte Milchquotenjahr 2014/2015 sind europaweit Rekordstrafzahlungen für Überlieferungen der Quote in Höhe von 1 Mrd. Euro zu erwarten. Das gesamte Geld aus der Superabgabe müsse unbedingt für die Weiterentwicklung des europäischen Milchsektors genutzt sowie Liquiditätsengpässe der landwirtschaftlichen Betriebe verhindert werden, unterstrich Folgart.“

Und dann das!

Eine Mitteilung des DBV lässt aufhorchen: „Nach Sicht des DBV-Milchexperten müssen die künftigen Lieferbeziehungen Absicherungsmöglichkeiten der Preise für die Milchbauern beinhalten. Die Lieferbeziehungen sollten außerdem stärker als bisher von einer gemeinsamen Mengenplanung und Mengenabstimmung zwischen Erzeugern und Molkereien geprägt sein.“

Anmerkungen: Heißt das Risikoabsicherung durch Warenterminbörsen. Also alter Wein in neuen Schläuchen? Will er jetzt die Mlichbauern zu Spekulanten machen? Oder steckt was anderes dahinter? Ich gehe mal davon aus, dass der Bauernverband noch lernfähig ist und in der Lage ist, zu neuen Ufern aufzubrechen.

Wenn das so ist, dann muss zwischen Milchlieferanten und Molkerei ein Mindestauszahlungspreis vereinbart werden, der nicht von der Meierei unterschritten werden darf. Der zu verhandelnde Milchpreis muss sich an den variablen Kosten (Spezialkosten) der Milchviehhaltung orientieren. Dabei müssen die regionalen Unterschiede Berücksichtigung finden. Die Landwirtschaftkammern könnten mit ihren Ergebnissen in der Rinderspezialberatung eine wertvolle Grundlage bieten. Das alles kann man nicht auf eine freiwillige Grundlage stellen. Es muss gesetzlich verpflichtend sein. Alles andere ist nur starker Tobak!

Gleichzeitig muss EG-weit gehandelt werden.

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post
R
Wie kann eine Molkerei einen Milchpreis garantieren? Genossenschaftsmolkereien zahlen doch den erwirtschafteten Preis an ihre Mitglieder Der einzelne Betrieb produziert ein Maximum um sich über die Menge noch liquide zu halten; da viele dies tun verschlimmert es die Lage noch mehr. Ich sehe keine Alternative zu einer Mengenregelung und dabei sympathisiere ich noch immer mit einer bodengebundenen Produktion
Antworten
K
Hallo Herr Theissen, <br /> wie Sie zu Recht schreiben wird aufgrund der schlechten Preise immer mehr gemolken. Eine fatale Entwicklung, die auf Dauer keiner Durchhält. Das wird durch die Abnahmegarantie aller gemolkenen Milch durch die Meierei noch verstärkt. Da sie den Milchbauern keine Preisgarantie gibt, kann sie die Milch locker auf dem Markt werfen. Am Spot-Markt werden zurzeit 15 Cents/kg für die Milch gezahlt. Um dieses Verramschen der Milch zu unterbinden, muss eine Brandmauer in Form eines Mindestpreises eingezogen werden. Das gibt den Milchbauern Sicherheit und zwingt die Meiereien für eine bessere Verwertung zu sorgen. Auf der anderen Seite muss die Meierei, je nach Marktlage, die Milchmenge steuern; also der Marktlage anpassen. Dann haben wir das erreicht, was allen Milchbauern hilft: eine marktangepasste Milchproduktion. Ein weiter so- wie bisher- darf es nicht geben!<br /> Mit freundlichen Grüßen<br /> Karl-Dieter Specht