Milchkrise: Auf ins Nachbarland Frankreich !

Veröffentlicht auf von Karl-Dieter Specht

Photo0379.jpg                     Milchkrise: Auf ins Nachbarland Frankreich!

Auf Einladung der „Organisation des Producteurs de Lait“ nahm ich vom 13.09.-15.09. an einer kleinen Rundreise durch die Bretagne teil, um mich über die Milchwirtschaft in dieser Region Frankreichs zu informieren. Empfangen wurden wir, d.h. Präsident Romulad Schaber (Euroaen Milk Board) und ich von Willem   Smeenk  von der Organisation des producteurs de lait ,  von Anton Sidler Association des producteurs de lait indépendants und von der Journalistin  Pascale LE Cann von der  Zeitungsgruppe France Agricole. Im Rahmen eines „kleinen“ Pressegespräches, direkt am Bahnhof Rennes, wurden ohne lange  Begrüßungsreden die Probleme der Milchviehbetriebe regional, national und international angesprochen. An dieser sehr ausgiebigen Diskussion schloss sich eine informelle Rundreise zu  Milchviehbetrieben in der Region um Rennes an. Betriebswirtschaftliche Fragen unter Einbindung der zukünftigen Entwicklung auf dem Milchmarkt  und die Zukunft der bäuerlichen Michviehbetriebe standen im Mittelpunkt der Gespräche.

 

Frankreichs Milchbauern tragen Verantwortung für ihre Familien und ihre Regionen!

Insbesondere diskutierte man über Anbindung des Milchpreises in Frankreich an den des deutschen Milchpreises. Erstaunt war ich  über den hohen fachlichen Wissensstand der Betriebsleiterfamilien, die meines Ermessens zu jenen bäuerlichen Familien zählen, die wir uns gerade wünschen. Es handelte sich um unterschiedliche Betriebsgrößen in der Spannbreite von 60-150 Kühen. Diese Betriebe (Betriebsleiter) können rechnen und wissen ganz genau, dass sie auch in Frankreich nicht zu Weltmarktbedingungen produzieren können. Gerade die Irrungen und Wirrungen der EU-Agrarpolitik machen diese unternehmerischen Landwirte unsicher, denn es sind keine Hasardeure, die auf „Teufel komm raus“ ihre Produktion ausweiten. Sie tragen noch Verantwortung für ihre Familien und für die Regionen, in denen sie leben.

Das wurmt die Milchbauern Frankreichs!

Was diese Bauern auch zusätzlich wurmt ist die Tatsache, dass sie gegenüber den deutschen Bauern als die schlechteren hingestellt werden.  Im Anschluss an einem Bauernpiknik im Freien, wo ich mit Freude die bretonische Küche kennenlernen konnte, ging es dann zur öffentlichen Versammlung in den nahe gelegenen Ort, wo im Dorfgemeinschaftshaus die Versammlung stattfand.  Freundlich  wurden wir von den zirka 250 Besuchern  begrüßt.

 

Frankreich und Deutschland in einem Boot !

In meinem Referat zum Thema: „Frankreich und Deutschland in einem Boot“ brachte ich den anwesenden Bauern  die Strukturen der bäuerlichen Milchviehhaltung in Deutschland näher. Insbesondere  ging  ich auf die unterschiedlichen Strukturen der einzelnen Bundesländer ein. Von 200 Kühen je durchschnittlichen Milchviehbetrieb in Brandenburg bis hin zu durchschnittlichen 29 Milchkühen je Milchviehbetrieb in Bayern  reicht die Streubreite der Betriebsgrößen in Deutschland. Diese Vielfalt der Strukturen verzeichnen beide Länder.

 

Die Mär von den Unterschieden ist zerplatzt!

Hart ging ich mit der  „gesteuerten Auffassung“, dass die französischen Milchbauern schlechter sind als die deutschen, ins Gericht. Anhand von Produktionskostenvergleichen, die ausgiebig diskutiert wurden, wies ich nach, dass diese Auffassung falsch ist. Anscheinend hat das System. Denn, die Angleichung des französischen Milchpreises an den deutschen Milchpreis ist eine Angleichung auf niedrigem Niveau. Nach Angaben der EU-Kommission lag der durchschnittliche Milchpreis 2009 in Frankreich bei 29,95 Cents je kg Milch, der deutsche Milchpreis hingegen bei 22,18 Cents je kg Milch. Also eine Differenz  von 7,77 Cents/kg/Milch.

 

Das Absenken der Milchpreise hat System

Um diese Politik der negativen Anpassung den französischen Bauern schmackhaft zu machen, muss man ihnen ein Schuldbewusstsein einhämmern, um so die negative Anpassung zu rechtfertigen. Ganz im Sinn der Milchindustrie.  Es ist also existenzvernichtend bei Vollkosten der Durchschnittsbetriebe von 41,88 Cents/kg/Milch (Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen), die ja auch in Frankreich Gültigkeit haben, weiter auf sinkende Milchpreise zu setzen.

Diese Taktik trägt klar  die Handschrift der Milchindustrie, die unter allen Umständen als Global-Player am Weltmilchmarkt mitmischen will. Und das kann sie nur, wenn die Bauern in ganz Europa auch nur Weltmarktpreise für ihre Milch bekommen.

75 Prozent der Milchviehbetriebe müssen aufgeben- wenn sich nichts ändert!

Experten gehen bei einer weiteren Liberalisierung von Weltmarkpreisen  aus,  die sich zwischen 24 Cents und 27 Cents je kg Milch bewegen.  Unter diesen Voraussetzungen werden 75 Prozent der Michviehbetriebe aufgeben müssen. Hinzu kommt, dass die FAO( Food and Agriculture Organization of the United Nations)bis 2018 einen Zuwachs der Milchproduktion vom 170 Mio. t weltweit prognostiziert. Dieser Zuwachs wird in den Wachstumsregionen des pazifischen Raumes (Asien u. Südamerika)produziert. Europa wird, das ist die Prognose der FAO, an dieser Entwicklung nicht teilnehmen. Im Gegenteil: Die Exporte der EU in Drittländer werden in diesem Zeitraum um 6-7 Prozent zurückgehen. Diese Konstellation der Zukunft wird den Markt weiter unter Druck setzen und nichts Gutes für die Milchbauern bedeuten. Deshalb stehen die Milchbauern am Scheideweg und können zwischen zwei Optionen wählen.

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Die Milchbauern aus Deutschland und Frankreich haben es selbst in der Hand!

Hoffentlich treffen sie die richtige Entscheidung. Eine Entscheidung zugunsten der Erzeuger kann nur Erfolg haben, wenn sich die Milchbauern nicht durch die Milchindustrie und Teile des Bauernverbandes auseinander dividieren lassen. Nur gemeinsam können die Milchbauern Erfolg haben. Deutsche und französische Bauern sitzen in einem Boot. Hoffentlich handeln sie auch so!

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