Agrarökonomen warnen vor Irrwegen – das hat auch noch gefehlt!

Veröffentlicht auf von Karl-Dieter Specht

Agrarökonomen warnen vor Irrwegen –das hat auch noch gefehlt!

Während den Milchbauern das Wasser bis zum Hals steht und sie fast schon am ertrinken sind, melden sich Wissenschaftler zu Wort und fordern „Hände weg vom freien Mark.“ Jener freie Markt, der zu der jetzigen Michkrise geführt hat. Ein Ende ist noch nicht abzusehen! Seit 2014 sind die Milchpreise auf Talfahrt .Es lebe der freie(globale) Markt! – bis keiner mehr da ist!

Die Agrarökonomen räumen ein, dass eine marktwirtschaftliche Anpassung zu einem Ausscheiden der am wenigsten wettbewerbsfähigen Betriebe aus der Milcherzeugung führen wird. Warnungen vor einem Strukturbruch in der Milcherzeugung halten sie jedoch für unbegründet. Problematisch sei die Situation für Betriebe, die in Erwartung hoher Milchpreise fremdfinanzierte Investitionen getätigt hätten und nun Kredite bedienen müssten. Hier müssten Landwirte und Banken gemeinsam nach Wegen suchen, finanzielle Engpässe zu überbrücken.

Anmerkungen: Gerade die Wissenschaft und die Politik haben die Milchbauern aufgefordert sich für den freien Markt wettbewerbsfähig zu machen, sie aufgefordert zu investieren, denn, so die Wissenschaft, die Zukunft liegt im globalen Export. Jedes Jahr berauscht sich Politik und Wissenschaft an den (fast) jährlich steigenden Exportzahlen. Es ist wie eine Droge, die das Hirn schmelzen lässt. Dabei wird wissentlich oder unwissentlich ausgeblendet, dass dieser Erfolg zum Teil nur durch Exportbeihilfen möglich ist oder war. Also durch einen staatlich gelenkten Markt, den die Wissenschaft ja ablehnt. Der, das sei nur am Rande vermerkt, viele Bauern in der Dritten Welt platt macht oder gemacht hat. Ohne diese Exportbeihilfen hätte die Milchproduktion in der EU nicht solche Dimensionen angenommen.

Warum ist das so?

Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten können die Milchbauern (Milchindustrie) am globalen Markt nur im beschränkten Umfang teilnehmen. D.d. nur Produkte, die eine höhere Wertschöpfung am Weltmarkt erzielen, sind interessant. Bei den anderen Massenprodukten kann die Milchindustrie in der Regel nicht mithalten, wenn sie den Bauern auskömmliche Preise zahlen will oder soll! Auch der bestens geführte Betrieb kann in diesem globalen Kampf wegen zu hoher Kosten nicht bestehen. Irland, der südpazifische Raum, Südamerika und die USA lassen schon mal grüßen!

Schuld daran sind u.a. die unbegrenzten Abnahmegarantien aller gemolkenen Milch der Milchbauern durch die Milchindustrie . Da die Milchindustrie den Milchbauern keine Milchpreisgarantie gibt, kann sie machen was sie will. Sie investierte/investiert) kräftig in Trockentürme, um den Überschuss lagerfähig zum machen. Also in jene Verwertungsschiene, die die geringste Wertschöpfung hat- wenn überhaupt!

Dazu das DMK: Ausdrücklich weist das Unternehmen auf die außergewöhnlich hohen Zukunftsinvestitionen hin, die DMK in den Jahren 2012 bis 2015 in neue Produktionsanlagen, in die Erschließung neuer, vor allem internationaler Märkte und in die Weiterentwicklung seines Markenportfolios investiert hat. Insgesamt hätten die Investitionen seit der Fusion zwischen Nordmilch und Humana bei rund 500 Mio. € gelegen. Die Inbetriebnahme neuer Produktionsstätten, die Restrukturierung einzelner Sparten sowie der hohe Anteil an Standardmilchpulver und Käse würden den Milchauszahlungspreis belasten(Quelle: Wochenblatt).

Deshalb der Entschluss der Genossenschaftsvertreter: Obwohl viele Milcherzeuger zuletzt eine Begrenzung der Anlieferungsmilch à la FrieslandCampina gefordert hatten, stimmte am Dienstag eine große Mehrheit der Genossenschaftsvertreter des DMK gegen eine kurzfristige Mengensteuerung. Das DMK sieht sich nun in seiner bisherigen Strategie bestätigt.

Anmerkungen: Nach dem Motto: Augen zu und durch!

Das DMK und viele andere haben sich investitionsmäßig verzockt. Und das, so hart das auch für viele Milchbauern ist, mit Zustimmung der Mehrheit der Milchbauern. Sie wollen, so kann man das nur interpretieren, „melken, bis der Arzt kommt!“ Ganz im Sinne der Wissenschaft. Und wenn das alles nicht klappt, dann müssen marktlenkende Maßnahmen des Staates her – sprich Exportbeihilfen!

Also jene Maßnahmen, die die Wissenschaft ablehnt. Eine Anpassung der Milchmenge an den Bedarf des Marktes wird für die Milchbauern schmerzhaft sein, wenn sie auf Anraten der Politik und Wissenschaft viel investiert haben.

Die Schuld an dieser Entwicklung trägt die Milchindustrie, die Wissenschaft und die Politik. Die Milchbauern haben nur das umgesetzt, was ihnen von der Milchindustrie, der Wissenschaft, der Politik und dem Bauernverband geraten wurde. Selbst der ehem. Agrarkommissar Fischler bestätigt das.

Hinzu kommt noch der Kampf der Gunstregionen gegeneinander:

Schleswig-Holstein: In Schleswig-Holstein werden derzeit ca. 2,5 Milliarden Kg Milch jährlich produziert. Die Jahresproduktionsmenge in Schleswig-Holstein steigt langsam aber auch als Folge der europaweit einsetzenden Verlagerung der Milchproduktion an die Gründlandstandorte. Diese Entwicklung ist durch den Wechsel in der Agrarpolitik weg von einer gesicherten Marktordnung hin zum Markt gekennzeichnet. Während europaweit die Milchproduktion stagniert ist die Entwicklung in den einzelnen Regionen ganz unterschiedlich. Schleswig-Holstein mit seinen natürlichen und strukturellen Standortvorteilen profitiert von der Marktöffnung und baut die Milchproduktion aus (Quelle: Bauernverband).

Anmerkungen: Heute liegt die Milchmenge bei 2,8 Milliarden kg/a. Jeder lauert auf den andern. Wer gibt zuerst auf? Wer hält es am längsten aus? Wer setzt sich durch – egal wie! Ganz im Sinne der Wissenschaft. Eben - ein Verhalten wie im Haifischbecken!

Für Schleswig-Holstein sei vermerkt, dass die noch verbliebenen Meiereien viel in Trockentürme investiert haben, um die Überproduktion haltbar zu machen. Ein Milchgeldauszahlungspreis, der heute unter 20Cent/kg Milch liegt, bestätigt diesen Trend.

Wissenschaft: Leistungen, die die Landwirtschaft zum Erhaltung der Umwelt und der Kulturlandschaft erbringe, seien nicht indirekt über Markteingriffe, sondern direkt über Zulagen zu honorieren. Perspektiven für die Weidehaltung könnten dadurch entwickelt werden, dass sie einerseits als Umweltleistung stärker honoriert werde und andererseits über spezielle Programme von Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel über Preisaufschläge besser entlohnt werde.

Anmerkungen: Alles Makulatur, wenn es zu keinem Marktgleichgewicht kommt. Wer soll denn die oben beschriebenen Leistungen erhalten, wenn die Empfänger aufgrund des globalen Marktes nicht mehr da sind! Zur Weidemilch nur folgendes: Die ist das ganze Jahr zu haben. Das ist für mich ebenso unverständlich wie die jetzige Milchpolitik!

Den Wissschaftlern sei noch ins Stammbuch geschrieben: Sie sind meist im Besitz hochdotierter Lehrstühle an den Universitäten. Sie können aus einer komfortablen Situation trefflich wissenschaftlich argumentieren. Oft scheitern ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse an der praktischen Realität.

Wie wär`s, wenn der globale Markt bei den Universitäten ebenfalls Einzug hielte! D.h. bei gleicher Qualifikation erhält der Bewerber den Lehrstuhl, der der Universität das günstigste Gehaltsangebot macht! Das wäre dann eine wahrlich marktreife Leistung!

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post