Schleswig-Holstein: Friedhofzwang – ja oder nein?

Veröffentlicht auf von Karl-Dieter Specht

Schleswig-Holstein: Friedhofzwang – ja oder nein?

Es gehört zu einem weltoffenen und liberalen Bürgertum, dass der in ihm aufwachsende Mensch schon früh für sich selbst entscheidet, was für ihn richtig und wichtig ist Deshalb hat man ja das Wahlalter junger Menschen auf 16 Jahre herabgesetzt Es ist das Bemühen der Gesellschaft, ihre Mitglieder zu unabhängigen und selbstbestimmten Handeln zu ermuntern. Das geht sogar so weit, dass unter bestimmen Voraussetzungen jeder Bürger über die Art seines Todes, d.h. wie er sein Leben beenden will, selbst entscheiden kann in Form einer Patientenverfügung.

Wenn es dann um seine Beisetzung geht, hört Selbstbestimmung auf. Dann muss genau das umgesetzt werden, was das Bestattungsrecht vorgibt.

Bestattungsgesetz S-H

§ 1Grundsätze

„Umgang mit Leichen und mit der Asche Verstorbener hat mit der gebotenen Würde und mit Achtung vor den Verstorbenen zu erfolgen. Er hat sich auch nach den bekannt gewordenen sittlichen, weltanschaulichen und religiösen Vorstellungen der Verstorbenen zu richten, soweit dadurch Belange des Gemeinwohls, insbesondere des Gesundheits- und Umweltschutzes, nicht gefährdet werden und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit nicht verletzt wird.“

Hier wird ganz klar festgelegt, dass den Wünschen des Verstorbenen Rechnung zu tragen ist, um in §15 das Recht gleich wieder einzuschränken – nämlich- es gilt Friedhofspflicht! Also doch nichts mit der Selbstbestimmung, die Urne auf dem eigenen Grundstück zu bestatten?

Die weitgehende Säkularisierung der christlich geprägten Gesellschaften hat die traditionellen Formen des Trauerns verändert. Stand früher noch der Friedhof als öffentliches Gedenken an die Verstorbenen im Mittelpunkt, so verlagert sich heute das Totengedenken immer mehr in den privaten Bereich. Diese Entwicklung bedingt, dass der Friedhof als Ort des Trauerns immer mehr an Bedeutung verliert.

Gerade eine Urnenbeisetzung auf dem eigenen Grundstück unterstreicht den privaten Charakter der Trauerfeier, die ja von dem Verstorbenen gewünscht wurde.

Im Gegensatz zur kirchlichen Auffassung ist eine Beisetzung ein höchst privater Vorgang, der nur den engsten Familienkreis etwas angeht

Selbst auf dem Friedhof sind teilweise die gesellschaftlichen Unterschiede der Verstorbenen an den Grabstätten zu erkennen. Das gesellschaftliche Klassendenken wird auch nach dem Tod noch auf dem Friedhof gepflegt: Im Gegensatz zur christlichen Lehre, die da sagt, dass vor Gott alle Menschen gleich sind.

Wann endlich wird dieser überalterte Friedhofzwang so aufgelockert, dass Verstorbene zu Lebenszeiten ihre Beisetzungsart selbst bestimmen können.

Der Landtag konnte sich zu diesem Schritt noch nicht entschließen, da er die Macht der Kirchen fürchtet.

 

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